Vanessa Walder: Das wilde MÄÄÄH
Mit Illustrationen von Zapf
Loewe – Verlag 2014, 187 Seiten, ab 8 Jahren zum Selberlesen und ab 5 Jahren zum Vorlesen
Mit einem Prolog geleitet die Autorin die Leser in die Welt der Waldtiere, dem Ort des Geschehens. Hier herrscht Aufregung, weil ein den Bewohnern unbekanntes Tier mit einem lauten „Määäh!“ auf sich aufmerksam macht. Das kleine schwarze Wollbündel wurde von einem Menschen vor einer Baumhöhle abgelegt und stellt nun alle Tiere vor ein Rätsel. Wäre nicht Rhea, die Anführerin des Wolfsrudels, hinzugekommen, „wäre alles anders gekommen. So aber reckte sich ein schwarzer Lockenkopf aus der Baumhöhle …und eine rosa Zunge leckte über Rheas Nase.“ Für die Wölfin ist das der Wolfsgruß. Damit ist entschieden, das Tier ist ein Wolf. Den Widerspruch der Waldtiere lässt sie nicht gelten. Im Namen ihres Rudels erhebt sie Anspruch auf das schwarze Wesen, das den Namen Ham bekommt.
Ham wächst mit seinen Geschwistern als Wolf auf – Rhea macht in der Erziehung keine Unterschiede. Die Waldbewohner beziehen ihn in ihre Gemeinschaft ein und er ist mit vielen Tieren, ihren Eigenarten und ihrer Lebensweise vertraut. Es könnte ewig so weitergehen, doch er wird älter und da stellen sich ihm Fragen. Warum klingt sein Heulen wie Määäh? Warum hat er knöcherne Ausbuchtungen auf dem Kopf? Seine Zähne sind stumpfer als die seiner Geschwister. Er frisst gerne Blätter und hat keine Freude am Erjagen einer Beute… Seine Wolfsfamilie toleriert einfach seine Andersartigkeit und akzeptiert ihn so wie er ist. Aber er muss die Ursache dafür kennen. Dazu gehört auch zu wissen, wo er herkommt und wie er in den Wald gelangt ist.
Die Wölfin versteht seinen Wunsch. Sie offenbart ihm, dass er von einem Menschen in den Wald gebracht worden ist und rät ihm, sich dorthin auf die Suche nach seiner Identität zu begeben, in den Begegnungen mit Menschen jedoch misstrauisch zu sein. Mutig beginnt Ham seine Suche. Während des ersten Tages konzentriert er sich zwar auf den Weg, ist aber in Gedanken bei seiner Familie, bei seinen Freunden. Doch die lassen ihn nicht allein. Zu seinem Glück begleiten sie seinen Weg, beschützen ihn und werden am Ende auch Zeugen von der Auflösung der Geschichte um Hams leibliche Mutter. Der Epilog endet mit der Rückkehr des schwarzen Schafes in die Waldidylle. Ham begreift, was Heimweh ist.
Vanessa Walder schreibt eine Geschichte über die Suche nach den eigenen Wurzeln, über das Finden zu sich selbst. Es geht um Familie, Freundschaft, Anderssein und Toleranz. Die Darsteller sind vermenschlichte Tiere, die reden können. Sie werden in ihrer Eigenwilligkeit sehr gut beschrieben, aber auch in ihrer herzerwärmenden Emotionalität. Eigenschaften, die Falk Holzapfel in seinen Schwarz-Weiß-Zeichnungen im Buchinnern treffend zum Ausdruck bringt.
Der Text ist kindgerecht geschrieben und unterhält durch witzige, spannende, aber oft auch durch gefühlsbetonte Passagen. Es eignet sich gut zum Vorlesen.
Falk Holzapfels Buch-Cover gibt eine Schlüsselszene der Geschichte wider. Ham heult auf seine Weise den Mond an. Das können die Waldtiere nicht ertragen und halten sich die Ohren zu.
Mittlerweile gibt es zwei weitere Bände:
Bd. 2 – Das wilde Mäh und die Monster-Mission + Bd. 3 -Das wilde Määäh und die Irgendwo-Insel