Gunnel Linde:
Mit Jasper im Gepäck
Aus dem Schwedischen von Brigitta Kicherer, mit Illustrationen von Susanne Göhlich
Verlag cbj, München 2020, 160 Seiten, ab 8 Jahre
Die mit dem Astrid-Lindgren-Preis geehrte schwedische Kinderbuchautorin Gunnel Linde hat dieses Buch schon 1965 geschrieben. Dass man in eine andere Zeit eintaucht, bemerkt man nur an vereinzelten Sachverhalten in dieser zeitlos witzigen Geschichte. So reist Tante Tinne, die den neunjährigen Nicklas und die elfjährige Anneli zu einem kulturellen Ferienaufenthalt nach Kopenhagen eingeladen hat, mit einer Dampflok, schweren mannsgroßen Schrankkoffern und schreibt, statt das Handy zu zücken, Briefe und Postkarten an die Eltern der Geschwister, um sie zu beruhigen.
Die altmodische Tante, selbst kinderlos und etwas schrullig, sieht oft nicht, was sich vor ihren Augen abspielt. An den Umgang mit Kindern nicht gewöhnt, fehlt ihr jeder Argwohn. Etwas weltfremd interpretiert sie auch missliche Situationen positiv. Die ganze Reise über ahnt sie nicht im mindesten, dass Nicklas und Anneli ohne ihr Wissen einen abenteuerlichen Plan umsetzen.
Die drei steigen im vornehmen Hotel „Kong Frederik“ ab, die Geschwister bekommen ein eigenes Zimmer. Gleich am ersten Tag besuchen sie den Zoo (Niklas mit einem Stück Hotelseife für die Waschbären). Dort wird zufällig eine Lotterie veranstaltet, die mit verlockenden Preisen wirbt. Unter anderem mit einem niedlichen Zwergpony mit Namen Jasper. Die Kinder lotsen ihre Tante zu einer entfernten Parkbank und kaufen heimlich Lose. Als sie gewinnen, können sie ihr Glück kaum fassen: Sie sind Besitzer eines echten kleinen Ponys! Doch wie sollen sie es ihrer Tante sagen? Am besten gar nicht. Sie darf Jasper nicht zu Gesicht bekommen, d.h. er muss so lange versteckt bleiben, bis sie wieder zu Hause in Schweden sind. Ein großes Versteck-Abenteuer beginnt. Immer in der Angst, Jasper könne entdeckt werden, lassen sie sich geistesgegenwärtig unglaubliche Ausreden und kreative Tarnungen einfallen.
Zunächst muss Jasper es einmal ins Hotelzimmer schaffen. Aber bei dem Versuch läuft natürlich nicht alles glatt. Zwergponys sind ganz schön störrisch. Auch wenn es gelingt, das Tier in einem zum Stall umfunktionierten Wandschrank unterzubringen, auf polterndes Hufeschlagen und lautes Wiehern haben die Kinder keinen Einfluss. Der Tante können sie zwar weismachen, ein betrunkener Portier habe dort seinen Rausch ausgeschlafen, aber klar ist, hier kann Jasper nicht bleiben. Nur wenig später muss die Tante feststellen, dass die Kleidung eines ihrer Schrankkoffer ausgeräumt, auf dem Bett verteilt und der Koffer gestohlen worden ist. Das kleine Pferd indes steht darin reisefertig auf dem Bahnhof. Schon klar, dass den Kindern eine aufregende Heimreise mit dem Zug bevorsteht.
Der Bericht darüber steht im Mittelpunkt der zweiten Hälfte der Geschichte. Hier macht sich am ehesten ihr Erscheinungsdatum bemerkbar, denn Züge mit Schlafabteilen, Schaffnern, engen Korridoren und Lokomotiven, die Dampf ablassen müssen, gibt es so nicht mehr. Da die Autorin in diesem Buch die abenteuerliche Unternehmung mit den Augen der Kinder schildert, werden die Leserinnen und Leser in ihr Geheimnis einbezogen und gespannt auf einen guten Ausgang hoffen. Durch die Turbulenz der Ereignisse zieht sich von Beginn an das realitätsferne Verhalten der Tante, die immer alles beschönigt. Es verleiht dem Text eine komische Wirkung, denn Leserinnen und Leser wissen immer, dass die Dinge so nicht sind und in Wahrheit mehr passiert.
Gunnel Linde überrascht in ihrer Erzählung immer wieder mit neuen Einfällen und Wortwitz. Sie schreibt in kurzen, kindgerechten Sätzen und teilt das Geschehen in kurze Kapitel mit übersichtlicher Länge. Das ansprechende Titelbild (mit elektrifizierter Eisenbahn!) erinnert an Buchklassiker, z. b. „Emil und die Detektive“. Jedem Kapitel gehen witzige, auf den Inhalt verweisende Schwarz-Weiß-Illustrationen voran. „Mit Jasper im Gepäck“ ist ein traditionelless Kinderbuch. Der vom Geschehen unabhängige ruhige Erzählstil der Autorin macht es zu einem idealen Vorlesebuch.
Gunnel Linde:
Mit Jasper im Gepäck
Aus dem Schwedischen von Brigitta Kicherer, mit Illustrationen von Susanne Göhlich
Verlag cbj, München 2020, 160 Seiten, ab 8 Jahre
Die mit dem Astrid-Lindgren-Preis geehrte schwedische Kinderbuchautorin Gunnel Linde hat dieses Buch schon 1965 geschrieben. Dass man in eine andere Zeit eintaucht, bemerkt man nur an vereinzelten Sachverhalten in dieser zeitlos witzigen Geschichte. So reist Tante Tinne, die den neunjährigen Nicklas und die elfjährige Anneli zu einem kulturellen Ferienaufenthalt nach Kopenhagen eingeladen hat, mit einer Dampflok, schweren mannsgroßen Schrankkoffern und schreibt, statt das Handy zu zücken, Briefe und Postkarten an die Eltern der Geschwister, um sie zu beruhigen.
Die altmodische Tante, selbst kinderlos und etwas schrullig, sieht oft nicht, was sich vor ihren Augen abspielt. An den Umgang mit Kindern nicht gewöhnt, fehlt ihr jeder Argwohn. Etwas weltfremd interpretiert sie auch missliche Situationen positiv. Die ganze Reise über ahnt sie nicht im mindesten, dass Nicklas und Anneli ohne ihr Wissen einen abenteuerlichen Plan umsetzen.
Die drei steigen im vornehmen Hotel „Kong Frederik“ ab, die Geschwister bekommen ein eigenes Zimmer. Gleich am ersten Tag besuchen sie den Zoo (Niklas mit einem Stück Hotelseife für die Waschbären). Dort wird zufällig eine Lotterie veranstaltet, die mit verlockenden Preisen wirbt. Unter anderem mit einem niedlichen Zwergpony mit Namen Jasper. Die Kinder lotsen ihre Tante zu einer entfernten Parkbank und kaufen heimlich Lose. Als sie gewinnen, können sie ihr Glück kaum fassen: Sie sind Besitzer eines echten kleinen Ponys! Doch wie sollen sie es ihrer Tante sagen? Am besten gar nicht. Sie darf Jasper nicht zu Gesicht bekommen, d.h. er muss so lange versteckt bleiben, bis sie wieder zu Hause in Schweden sind. Ein großes Versteck-Abenteuer beginnt. Immer in der Angst, Jasper könne entdeckt werden, lassen sie sich geistesgegenwärtig unglaubliche Ausreden und kreative Tarnungen einfallen.
Zunächst muss Jasper es einmal ins Hotelzimmer schaffen. Aber bei dem Versuch läuft natürlich nicht alles glatt. Zwergponys sind ganz schön störrisch. Auch wenn es gelingt, das Tier in einem zum Stall umfunktionierten Wandschrank unterzubringen, auf polterndes Hufeschlagen und lautes Wiehern haben die Kinder keinen Einfluss. Der Tante können sie zwar weismachen, ein betrunkener Portier habe dort seinen Rausch ausgeschlafen, aber klar ist, hier kann Jasper nicht bleiben. Nur wenig später muss die Tante feststellen, dass die Kleidung eines ihrer Schrankkoffer ausgeräumt, auf dem Bett verteilt und der Koffer gestohlen worden ist. Das kleine Pferd indes steht darin reisefertig auf dem Bahnhof. Schon klar, dass den Kindern eine aufregende Heimreise mit dem Zug bevorsteht.
Der Bericht darüber steht im Mittelpunkt der zweiten Hälfte der Geschichte. Hier macht sich am ehesten ihr Erscheinungsdatum bemerkbar, denn Züge mit Schlafabteilen, Schaffnern, engen Korridoren und Lokomotiven, die Dampf ablassen müssen, gibt es so nicht mehr. Da die Autorin in diesem Buch die abenteuerliche Unternehmung mit den Augen der Kinder schildert, werden die Leserinnen und Leser in ihr Geheimnis einbezogen und gespannt auf einen guten Ausgang hoffen. Durch die Turbulenz der Ereignisse zieht sich von Beginn an das realitätsferne Verhalten der Tante, die immer alles beschönigt. Es verleiht dem Text eine komische Wirkung, denn Leserinnen und Leser wissen immer, dass die Dinge so nicht sind und in Wahrheit mehr passiert.
Gunnel Linde überrascht in ihrer Erzählung immer wieder mit neuen Einfällen und Wortwitz. Sie schreibt in kurzen, kindgerechten Sätzen und teilt das Geschehen in kurze Kapitel mit übersichtlicher Länge. Das ansprechende Titelbild (mit elektrifizierter Eisenbahn!) erinnert an Buchklassiker, z. b. „Emil und die Detektive“. Jedem Kapitel gehen witzige, auf den Inhalt verweisende Schwarz-Weiß-Illustrationen voran. „Mit Jasper im Gepäck“ ist ein traditionelless Kinderbuch. Der vom Geschehen unabhängige ruhige Erzählstil der Autorin macht es zu einem idealen Vorlesebuch.