Fee Krämer: Rille – Die Dschungelfreunde sind los!
Mit Bildern von Nikolai Renger
Esslinger Verlag 2020, Ab 5 Jahre, 112 Seiten
Mit einem Rumms ist die Transportkiste mit Rille, dem kleinen Berggorilla, auf dem Boden des brasilianischen Regenwaldes aufgeschlagen. Neugierig späht er zwischen den Holzlatten hindurch und betrachtet sein vermeintlich neues Zuhause. (Eigentlich sollte es der Zoo in Buenos Aires werden, doch leider musste das Flugzeug im Dschungel notlanden.)
Rille nimmt den Duft von Pflanzen wahr, betrachtet interessiert das „neue Gehege“ und hofft auf nette Nachbarn. Die stellen sich bald ein. Er hört sie krächzen, plappern, quaken und möchte, dass sie die Kiste aufmachen und ihn herauslassen. Aber die Tiere sind misstrauisch und wollen erst sicher sein, dass von ihm keine Gefahr ausgeht. Ein Ameisenheer wird auf den kleinen Gorilla losgelassen. „Sie zeigen uns gleich, wer da in der Kiste ist, indem sie seine Umrisse auf dem Boden nachstellen.“ Nach dieser Kontrolle wird Rille ins Freie gelassen, und was er sieht gefällt ihm: ein großer Wald mit vielen Pflanzen, in dem es nach feuchter Erde und altem Holz riecht, breitet sich vor ihm aus. Neugierig mustern ihn die Bewohner seiner neuen Umgebung. Sie sehen anders aus als seine Zoofreunde. Unbekanntem ist Rille bisher eigentlich nur mit Angst begegnet, aber die Dschungeltiere, allen voran die alte Gürteltierdame Tatu und der blaue Papagei Pepe, verstehen dieses Gefühl durch ihre Freundlichkeit zu verdrängen. Der kleine Gorilla wird nun in Freiheit leben und bisherige Verhaltensweisen ändern müssen. Künftig wird er seine Nahrung ebenso selber suchen wie einen Schlafplatz unter freiem Himmel. Zu seiner Erleichterung nimmt ihn die Gürteltierdame in ihre Wohngemeinschaft am Herzbaum auf. Dort darf er auf dem weichen Moos auch die Nächte verbringen.
Rille ist neu in der Gemeinschaft der Tiere und so prüfen sie, inwieweit er ihnen nützlich sein kann. Dabei verkennen sie, dass sich hinter seiner Größe und Stärke ein kindlich sensibles Wesen verbirgt. Ihr Verhalten verwirrt den kleinen Gorilla zunächst und macht ihn zuweilen wütend oder traurig. Im ständigen Umgang miteinander lernt er jedoch, damit zurecht zu kommen und Vertrauen in ihre Freundschaft zu haben.
Als sich Rille auf Bitten der Tiere aufmacht, um die garstige Greule (ein Faultier) zu vertreiben, begleiten sie ihn und bestehen das Abenteuer gemeinsam. Selbst als er, aus Wut darüber sein Futter teilen zu müssen, ein Floß baut um auf dem Fluss zu fliehen, machen die munteren Wasserschweine daraus eine Mitmachaktion und unterstützen ihn einfach, ernennen Rille zu „ihrem Kapitän“, während sie fahrtüchtig und gut gelaunt den Fluss hinuntertreiben. Wut und Fluchtabsicht sind vergessen. Die größte Herausforderung stellen im Regenwald die „Schaufelmonster“ (Bagger) dar, die wieder einmal im verbotenen Land den Dschungel umgraben und den Tieren damit ihren Lebensraum nehmen. Mit Schreien, Brüllen, lautem Gezeter aus dem Hinterhalt und einem schallenden Protestlied gelingt es ihnen, den Urwald zum Beben zu bringen und die Fahrzeuge zu vertreiben.
Fee Krämer erzählt vordergründig eine Abenteuergeschichte. Rille erlebt eine exotische Welt, lernt in Freiheit zu leben und eine Vielzahl eigenartiger Tiere kennen. Im Kern aller Geschichten geht es ihr aber um die Bedeutung der Freundschaft. Freude und Harmonie, aber auch Angst und Trauer werden geteilt und im Miteinander aufgelöst. So findet auch Rille zu neuem Selbstbewusstsein.
Es macht Spaß die Geschichte zu lesen, denn die Autorin erzeugt bei Leserinnen und Lesern humorvoll witzige Vorstellungen. Mädchen und Jungen wird es gleichermaßen erfreuen. Sie erzählt die Handlung in acht abgeschlossenen Episoden, die das Buch so sehr gut geeignet zum Vorlesen machen.
Das gelungene Cover mit den drei Hauptakteuren zieht den Blick auf sich, denn die Tiere schauen den Betrachter unmittelbar an. Im Innendeckel sorgt eine grüne Landkarte für Orientierung im Dschungel. Nicolai Rengers Illustrationen sind treffsicher, sehr lustig und charakterisieren Wesentliches. Mit klaren Formen und farbenfrohen Bildern erzeugt er eine kindgemäße Urwaldatmosphäre.