Buch des Monats

Buch des Monats Februar 2021

Heike Abidi: Hilfe, ein Spiegelbill

Mit Illustrationen von Meinhard Berger

Hummelburg-Verlag Ravensburg 2020, 139 Seiten, ab 7 Jahren

Der zehnjährige Silas fühlt sich in die Enge getrieben. Nicht nur, dass seine Eltern ihn aus beruflichen Gründen für die Sommerferien bei seiner Oma Heidi unterbringen. Schlimmer noch, die Oma hat ihn aus Sorge, er würde sich mit ihr allein über so einen langen Zeitraum langweilen, bei einem Kinderferien-Programm angemeldet. Auf diese Weise wird er viele andere Kinder kennenlernen, verspricht sie ihm. – Silas ist enttäuscht. Er mag seine Oma und ist davon ausgegangen, dass er ihr in ihrem „Cafe´Spiegel“ ein bisschen hilft und ab und an etwas mit ihr unternimmt.

„Kannst du mich nicht wieder abmelden, Oma?“, bettelt er. Neue Bekanntschaften zu schließen ist seine Sache nämlich nicht, denn es verunsichert ihn auf fremde Kinder zuzugehen. Silas ist ein ruhiger, zurückhaltender Junge. Zwar ist er kreativ und aufgeweckt, verhält sich Fremden gegenüber aber zumeist zögerlich, weil es ihm an Selbstbewusstsein mangelt. Und da wirbt Oma Heidi für die Kinderfreizeit auch noch mit Anna aus dem Nachbarhaus, die Silas am nächsten Morgen abholen soll, obwohl er sie nicht kennt! Die Oma jedoch lässt sich nicht erweichen: Drei Tage lang zumindest muss Silas durchhalten.

Am Abend vertreibt sich Silas vor dem Spiegel die Zeit mit Grimassen schneiden. Plötzlich hört er von dort ein Niesen. Ist das möglich? Wie kann der Spiegel etwas anderes machen als er? „Du hast mich ertappt“, meint sein Abbild und stellt sich als Salis, sein Spiegelbill vor, sein Begleiter in allen Lebenslagen. Sein Job ist es, aus der Zentrale aller Spiegelbilder heraus Silas in allen seinen sich spiegelnden Bewegungen nachzuahmen. Das aber empfindet er als total langweilig, weil seiner Meinung nach in Silas´ Leben nichts Aufregendes passiert. Wie gerne würde er am Kinderferien-Programm teilnehmen! Silas überlegt nicht lange. Für einen Tag will er mit Salis tauschen.

Was er nicht bedacht hat: Der ist ein ganz anderer Typ! Munter locker mischt er sich unter die Ferienkinder, reagiert spontan witzig und geht Wagnisse ein, ohne über mögliche Misserfolge nachzudenken. Hilflos muss Silas mit ansehen, wie Salis sein Leben quasi auf den Kopf stellt und ihm wird klar, dass er beherzt über seinen Schatten springen und sein Verhalten ändern muss, will er bei den Kindern der Gruppe nicht Verwirrung stiften.

Heike Abidis Geschichte lebt vom gegensätzlichen Wesen der beiden Hauptakteure. Silas als Ich-Erzähler schildert die Geschichte, weshalb die Leser von Beginn an mit seinem Wesen, seinen Hemmnissen und Ängsten vertraut sind und seine Vorbehalte gut verstehen können.

Mit der Idee des Spiegelbills garantiert die Autorin einen interessanten Handlungsablauf. Salis sorgt für die Spannungs- und Unterhaltungselemente dieses Buches. Zugleich aber zwingt er Silas in eine behutsame Entwicklung, so dass er seine Ängste verliert und an sich zu glauben lernt. Eine Geschichte also, die Mut machen soll.

Der Text ist flüssig geschrieben, in zwölf Kapitel unterteilt und in für das Lesealter geeigneter Größe gedruckt.

Das Cover des Buches lockt mit der Schlüsselszene der Geschichte: Das Spiegelbild hat sich verselbstständigt. Schwarz-Weiß-Zeichnungen im Innern veranschaulichen die Handlung.

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