Ben Miller: Der Junge, der die Welt verschwinden ließ
Übersetzt von Leena Flegler, Illustrationen von Daniela Jaglenka Terrazzini
ars Edition 2019, Lesealter ab 9 Jahre, 222 Seiten
Mit dem Bild eines Jungen, der von der Schnur eines „schwarzen Ballons“ über die Dächer einer Stadt in den golden glitzernden Nachthimmel gehoben wird, zieht die Illustratorin Daniela Jaglenka Terrazini den Betrachter auf wunderbare Weise in ihren Bann und damit ins Thema der Geschichte.
Der Junge, der da der Welt entflieht, ist ein netter Kerl. Harrison, normalerweise höflich und bemüht alles richtig zu machen, fühlt sich bei Konflikten unterlegen und schwach. Klar, dass sich seine angestauten Gefühle irgendwann ihre Bahn suchen. Mit scheinbar grundlosen Tobsuchtsanfällen und Hassflüchen setzt er seine Eltern so sehr unter Druck, dass sie alle zerbrechlichen Gegenstände des Haushalts in Sicherheit bringen. Wenn seine Ausraster vorbei sind, versuchen sie die Ursache dafür herauszufinden und ihm zu helfen.
Sein Klassenkamerad Hector Broom gehört für Harrison zu seinen „unliebsten Menschen“. In der Schule hat der es ständig auf ihn abgesehen, wohl wissend, dass er sich nicht wehrt. Seine geheime Waffe ist ein Gummiband, mit dem er auf ihn schießt und ihm weh tut. Trotzdem geht er zu Hectors Geburtstagsfeier. Sie steht nämlich unter dem Motto „Weltraum“, ein Thema das Harrison fasziniert. Als Programmhöhepunkt tritt Shelley, eine echte Astronautin auf. Im verdunkelten Raum erklärt sie den Kindern die Namen der Sternbilder und erzählt ihnen alles über das Schwarze Loch und seine Eigenschaft, alles in sich hineinzusaugen, was ihm zu nahekommt. Shelley gibt Harrison keine Möglichkeit, sein Wissen anzubringen und so beginnt er zu provozieren: Er will nach Hause. Er will keine Spiele mehr spielen. Am liebsten will er Shelley in ein Schwarzes Loch werfen. Während sie allen anderen Kindern zum Abschluss der Feier einen Heliumballon in Planetengestalt schenkt, überreicht sie Harrison mit einem vielsagenden Blick einen Kreis an einer Schnur, nachtschwarz wie das Universum, einem riesigen dunklen Magneten gleich.
Schon auf dem Heimweg beginnt er zu ahnen, was er da an der Schnur hält. Als Blue, der Hund des Nachbarn auf ihn zukommt und wieder mal „spielen“ will, duckt er sich weg um ihm auszuweichen und stellt dann fest: Blue ist verschwunden. Bestimmt hat er seinen „Ballon“ angesprungen. Mit zunehmender Gewissheit, dass es sich dabei um ein Schwarzes Loch handelt, beginnt er nun alles hineinzuwerfen, was ihn ärgert. Gemüse z. B., aber auch Schulaufgaben und seinen Feind Hector. Doch das Schwarze Loch ist unersättlich und verschlingt leider auch Dinge, die ihm etwas bedeuten. Als seine Eltern unglücklicherweise eingesogen werden, spürt er, was es bedeutet jemanden zu verlieren. Verzweifelt sucht er nach einem Weg sie zurückzuholen. Nur Shelley kann ihm helfen! Doch die befindet sich im größten Weltraumobservatorium der Welt in der Atacama -Wüste. Harrison muss nach Chile!
Leserinnen und Leser können sich bestimmt gut in Harrisons Situation einfühlen, denn sie wissen, wie es ist, wenn man manchmal auf Grund verletzter Gefühle die Kontrolle verliert. So verlockend es auch ist, Verhasstes im Schwarzen Loch zu entsorgen – Harrison merkt schnell, dass das nicht die Lösung ist. Er muss lernen über Probleme zu reden und um Hilfe bitten.
Ben Miller erzählt eine spannende Fantasiegeschichte voller ungewöhnlicher Ideen. (Nebenbei vermittelt er mit großer Leichtigkeit physikalisches Wissen über den Weltraum.) Der erste Teil der Erzählung gestaltet sich übersichtlich. Er beschreibt humorvoll Gelegenheiten, in denen das Schwarze Loch willentlich von Harrison gefüttert wird. Mit dem Verschwinden der Eltern und den Bemühungen des Jungen, den Prozess rückgängig zu machen, tritt eine Wende ein. Die Beschreibung der Handlung wird dramatischer und komplizierter, denn der Weg zu Shelley ist ein großes Abenteuer.
Das Buch hat eine sehr schöne Gesamtaufmachung. Layout und Daniela Jaglenka Terrazinis schwarz-weiße Illustrationen sind gelungen und bilden ganzseitig atmosphärische Textzitate ab. Wird über den Weltraum geschrieben, sind die Seiten schwarz und die Buchstaben weiß. Ein Bild mit dem Schwarzen Loch führt ein jedes der fünfzehn Kapitel an.
In einem Vorwort macht Ben Miller seine Leserschaft mit Harrison bekannt. Am Ende des Buches beschreibt er in einem wissenschaftlichen Teil, was an seiner Geschichte wahr ist und verweist Schwarze Löcher (wohl möglich gibt es zwei) ausdrücklich in den Weltraum.
Mädchen wie Jungen ab 9 Jahren werden sich das Abenteuer selbst erlesen können (bei Antolin geführt). Jüngere Kinder benötigen Erklärungshilfen und haben mehr vom Vorlesen. In jedem Fall ist dieses außergewöhnliche Buch empfehlenswert.
Ben Miller: Der Junge, der die Welt verschwinden ließ
Übersetzt von Leena Flegler, Illustrationen von Daniela Jaglenka Terrazzini
ars Edition 2019, Lesealter ab 9 Jahre, 222 Seiten
Mit dem Bild eines Jungen, der von der Schnur eines „schwarzen Ballons“ über die Dächer einer Stadt in den golden glitzernden Nachthimmel gehoben wird, zieht die Illustratorin Daniela Jaglenka Terrazini den Betrachter auf wunderbare Weise in ihren Bann und damit ins Thema der Geschichte.
Der Junge, der da der Welt entflieht, ist ein netter Kerl. Harrison, normalerweise höflich und bemüht alles richtig zu machen, fühlt sich bei Konflikten unterlegen und schwach. Klar, dass sich seine angestauten Gefühle irgendwann ihre Bahn suchen. Mit scheinbar grundlosen Tobsuchtsanfällen und Hassflüchen setzt er seine Eltern so sehr unter Druck, dass sie alle zerbrechlichen Gegenstände des Haushalts in Sicherheit bringen. Wenn seine Ausraster vorbei sind, versuchen sie die Ursache dafür herauszufinden und ihm zu helfen.
Sein Klassenkamerad Hector Broom gehört für Harrison zu seinen „unliebsten Menschen“. In der Schule hat der es ständig auf ihn abgesehen, wohl wissend, dass er sich nicht wehrt. Seine geheime Waffe ist ein Gummiband, mit dem er auf ihn schießt und ihm weh tut. Trotzdem geht er zu Hectors Geburtstagsfeier. Sie steht nämlich unter dem Motto „Weltraum“, ein Thema das Harrison fasziniert. Als Programmhöhepunkt tritt Shelley, eine echte Astronautin auf. Im verdunkelten Raum erklärt sie den Kindern die Namen der Sternbilder und erzählt ihnen alles über das Schwarze Loch und seine Eigenschaft, alles in sich hineinzusaugen, was ihm zu nahekommt. Shelley gibt Harrison keine Möglichkeit, sein Wissen anzubringen und so beginnt er zu provozieren: Er will nach Hause. Er will keine Spiele mehr spielen. Am liebsten will er Shelley in ein Schwarzes Loch werfen. Während sie allen anderen Kindern zum Abschluss der Feier einen Heliumballon in Planetengestalt schenkt, überreicht sie Harrison mit einem vielsagenden Blick einen Kreis an einer Schnur, nachtschwarz wie das Universum, einem riesigen dunklen Magneten gleich.
Schon auf dem Heimweg beginnt er zu ahnen, was er da an der Schnur hält. Als Blue, der Hund des Nachbarn auf ihn zukommt und wieder mal „spielen“ will, duckt er sich weg um ihm auszuweichen und stellt dann fest: Blue ist verschwunden. Bestimmt hat er seinen „Ballon“ angesprungen. Mit zunehmender Gewissheit, dass es sich dabei um ein Schwarzes Loch handelt, beginnt er nun alles hineinzuwerfen, was ihn ärgert. Gemüse z. B., aber auch Schulaufgaben und seinen Feind Hector. Doch das Schwarze Loch ist unersättlich und verschlingt leider auch Dinge, die ihm etwas bedeuten. Als seine Eltern unglücklicherweise eingesogen werden, spürt er, was es bedeutet jemanden zu verlieren. Verzweifelt sucht er nach einem Weg sie zurückzuholen. Nur Shelley kann ihm helfen! Doch die befindet sich im größten Weltraumobservatorium der Welt in der Atacama -Wüste. Harrison muss nach Chile!
Leserinnen und Leser können sich bestimmt gut in Harrisons Situation einfühlen, denn sie wissen, wie es ist, wenn man manchmal auf Grund verletzter Gefühle die Kontrolle verliert. So verlockend es auch ist, Verhasstes im Schwarzen Loch zu entsorgen – Harrison merkt schnell, dass das nicht die Lösung ist. Er muss lernen über Probleme zu reden und um Hilfe bitten.
Ben Miller erzählt eine spannende Fantasiegeschichte voller ungewöhnlicher Ideen. (Nebenbei vermittelt er mit großer Leichtigkeit physikalisches Wissen über den Weltraum.) Der erste Teil der Erzählung gestaltet sich übersichtlich. Er beschreibt humorvoll Gelegenheiten, in denen das Schwarze Loch willentlich von Harrison gefüttert wird. Mit dem Verschwinden der Eltern und den Bemühungen des Jungen, den Prozess rückgängig zu machen, tritt eine Wende ein. Die Beschreibung der Handlung wird dramatischer und komplizierter, denn der Weg zu Shelley ist ein großes Abenteuer.
Das Buch hat eine sehr schöne Gesamtaufmachung. Layout und Daniela Jaglenka Terrazinis schwarz-weiße Illustrationen sind gelungen und bilden ganzseitig atmosphärische Textzitate ab. Wird über den Weltraum geschrieben, sind die Seiten schwarz und die Buchstaben weiß. Ein Bild mit dem Schwarzen Loch führt ein jedes der fünfzehn Kapitel an.
In einem Vorwort macht Ben Miller seine Leserschaft mit Harrison bekannt. Am Ende des Buches beschreibt er in einem wissenschaftlichen Teil, was an seiner Geschichte wahr ist und verweist Schwarze Löcher (wohl möglich gibt es zwei) ausdrücklich in den Weltraum.
Mädchen wie Jungen ab 9 Jahren werden sich das Abenteuer selbst erlesen können (bei Antolin geführt). Jüngere Kinder benötigen Erklärungshilfen und haben mehr vom Vorlesen. In jedem Fall ist dieses außergewöhnliche Buch empfehlenswert.