Buch des Monats

Buch des Monats Februar 2022

Anastasia Braun:

Voll relativ! Der Tag, an dem die Zeit verschwand

Illustrationen von Anastasia Braun

Atrium Verlag 2021, 191 Seiten, Lesealter: 8-11 Jahre

Genervt und pflichtbewusst stellt Max für den nächsten Schultag seinen Wecker. Doch am nächsten Morgen weckt ihn kein schriller Ton, sondern Vogelgesang. Irgendetwas stimmt da nicht! Wo ist sein Wecker? Jedenfalls nicht an seinem Platz. Bald stellt sich heraus, dass auch die Küchenuhr, die sonst mit ihrem tickenden Zeiger das Familienleben beherrscht, fehlt.

Als Max seinen Eltern in der Küche begegnet, beschleicht ihn ein merkwürdiges Gefühl. Mit leeren Augen starren die beiden auf den leeren Platz an der Wand und warten. „Ihr könnt hier doch nicht den ganzen Tag sitzen bleiben. So etwas tun Eltern einfach nicht!“, versucht er auf sie einzuwirken. Doch die Vorstellung, die Zeit nicht ablesen oder einteilen zu können, hat die beiden hilflos gemacht. Sie benehmen sich, als hätten sie den Verstand verloren.

Das muss Max seinen Freunden Elli und Basti erzählen. Doch die beiden haben Ähnliches zu berichten. Als die Kinder dann auch noch erfahren, dass sämtliche Uhren im Städtchen Schnellbach verschwunden sind (sogar die Kirchturmuhr), dass in der Schule und im öffentlichen Leben völliges Chaos herrscht, glauben sie an eine Verschwörung. Der Sache müssen sie auf den Grund gehen.

Durch Zufall begegnen sie einem seltsamen alten Mann, Professor „Albert Einstock“, über den Max in der Zeitung gelesen hat, dass er Erfinder ist. Der glaubt nicht an einen Diebstahl der Uhren. „Nur eine Verkettung unglücklicher Umstände“ ist seiner Meinung nach für das Chaos der Zeitlosigkeit verantwortlich. Diese rätselhafte Aussage macht die Kinder hellhörig. Hat etwa der Professor seine Finger im Spiel? Richtig: Kleinlaut gesteht er ihnen, er habe eigentlich nur die Zeit zurückdrehen wollen, um den Menschen Zeit zu schenken. Leider habe aber seine Zeitreisemaschine nicht richtig funktioniert, daher die verschwundenen Uhren. Das können die Kinder nicht akzeptieren und sie verlangen von ihm, die Erwachsenen wieder “lebensfähig“ zu machen. Er muss die Maschine reparieren und mit ihnen erneut in die Vergangenheit starten.

Laut Buchtitel ist Zeit relativ. Man kann zu viel davon haben oder sie kann knapp sein.  Man kann sie vertrödeln oder unter Zeitdruck geraten. Fehlt die Uhrzeit als Taktgeber, werden die Menschen orientierungslos. Anastasia Braun greift in ihrem Buch diesen Gedanken auf und versetzt sich damit in die Lage, eine Fülle von kreativen Ideen in ein amüsantes Geschehen umzusetzen. So muss Max seine Eltern anziehen, mit Frühstück versorgen und sie zur Arbeit schicken. Auch in der Stadt kommt es zu völlig absurden Szenen. Der Mann vom Ordnungsamt verteilt Einhorn-Sticker statt Strafzettel, während Leute versuchen, echte Birnen in die Straßenlaternen zu drehen oder im Springbrunnen zu baden. Völlig entfesselt ist das Geschehen auf dem Schulgelände. Kinder jubeln laut und tanzen außer Rand und Band, während die Lehrerinnen und Lehrer um ein Lagerfeuer sitzen und beschlagnahmte Böller und Raketen abfeuern.

Im Hauptteil ihres Romans beschreibt Anastasia Braun phantasievoll und spannend die gemeinsame Zeit-Rettungsaktion. Auf abenteuerliche Weise, nämlich unter anderem mit Hilfe von Flöhen, einem Goldfisch und einem Dixie-Klo sowie dem physikalischen Detailwissen des Wissenschaftlers soll das Unternehmen gelingen. Die Hauptdarsteller der Handlung sind sehr verschieden. Die Autorin beschreibt den Wert ihrer Freundschaft und schärft den Blick der Kinder auf ihren Umgang mit der Zeit. Es liegt an ihnen, sie zu nutzen, um die Welt wahrzunehmen und sie kostbar zu machen, indem man sie mit jemandem teilt.  

Von Anfang an zieht einen die aktionsreiche Geschichte in ihren Bann, die aus Max` Sicht erzählt wird. Anastasia Braun hat sie in 25 Kapitel von übersichtlicher Länge aufgeteilt, die sie jeweils mit einem Wecker und spielerischen Formulierungen überschreibt. In kreativen, witzigen Schwarz-Weiß-Zeichnungen lässt sie das turbulente Geschehen lebendig werden.

Das unterhaltsame Buch ist gleichermaßen für Jungen und Mädchen zum Selbstlesen zu empfehlen.

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