Buch des Monats

Buch des Monats Dezember 2020

Tamara Bach: Wörter mit L

Mit Illustrationen von Eva Hämmerleinova

Carlsen-Verlag Hamburg 2019, 176 Seiten, ab 11 Jahren

Die elfjährige Pauline versteht die Welt nicht mehr. Warum ist nichts mehr, wie es war? Bisher lief doch alles gut!

Ihr Leben in zwei Familien ist gut organisiert. Die Wochenenden verbringt sie gemütlich in der Zweisamkeit mit ihrer Mutter in vertrauten Ritualen. Die verbleibenden Tage taucht sie in das turbulente Chaos der Familie ihres Vaters ein, in der ihr vierjähriger Halbbruder Jonathan den Ton angibt und Pauline herzlich für sich vereinnahmt.

Doch was soll plötzlich die Information ihres Vaters, dass ihre Mutter verliebt sei. Das kann Pauline nicht glauben. Doch die Bemerkung lässt ihr keine Ruhe, denn was hätte eine neue Beziehung ihrer Mutter für sie zur Folge?

Jetzt braucht Pauline Natascha, ihre beste Freundin seit ewigen Zeiten. Doch die hat anderes im Kopf. Sie schwärmt neuerdings von Jungen und findet bei einer Klassenkameradin dafür ein offenes Ohr. Das macht Pauline eifersüchtig, und bald wird ihr klar: Ich bin abgemeldet. Sie ihrerseits versteht nämlich nicht, „warum Jungs plötzlich so wichtig sind, dass man dauernd darüber reden muss, über Jungs, über Gefühle, über den ganzen Herzschamott.“ Ratlos sucht Pauline nach Möglichkeiten, den Veränderungen in ihrem Lebensumfeld zu begegnen.

Unterdessen trifft sie immer häufiger auf Lukas aus der Parallelklasse. Eigentlich findet sie ihn komisch, aber er hat einen dreibeinigen Hund, um den sie ihn sehr beneidet. Lukas begegnet ihr offen und so erfahren beide, dass sie viele Gemeinsamkeiten und Vorlieben haben. Schon bald findet Pauline: „Mit Lukas  ist es echt easy. Ich komme also runter auf den Hof und da wartet er, und das ist gar nicht komisch oder nervig.“ Zum richtigen Freund geworden gibt er Pauline im Wirrwarr ihrer Gefühle Halt gibt und lenkt sie ab.

Pauline war auf das ihrer Meinung nach „scheußliche“ Verliebtsein nicht vorbereitet. So wird sie Zuschauerin bei Entwicklungen, die sie nicht für möglich gehalten hätte. Aus ihrer Sicht erzählt unterliegt die Beschreibung des Geschehens kindlichen, trotzigen oder verzweifelt selbstkritischen Stimmungsschwankungen.

Tamara Bach bringt gefühlvoll, aber realitätsnah zum Ausdruck, welche Auswirkungen sich verändernde Beziehungen auf das Seelenleben eines Mädchens haben, das sich noch an seine Kindheit klammert. Vertrautes wird bloßgestellt und nur dahingesagte Sätze werden plötzlich missverstanden und führen zu Konflikten. Die Autorin erzählt leicht, klar und vielschichtig zugleich. Immer wieder ringt sie einem ein Schmunzeln ab (Paulines Umgang mit Jonathan z.B.), bringt einen aber zugleich dazu, an Paulines widersprüchlichen Gedanken teilzuhaben und sie zu verstehen. Für die angestrebte Altersgruppe, es werden wohl vornehmlich Leserinnen sein, ein unbedingt lesenswertes Buch.

Wörter mit L gibt es viele. Die Vor- und Rückseiten des Buches enthalten eine Auswahl. Wer jetzt meint, das L-Wort dieses Buches  kann angesichts der Themen-Problematik nur „Liebe“ sein, der irrt. Tamara Bach präsentiert zum guten Schluss eine gelungene Pointe.

Natascha ruft: „Hey Pauline, was fängt mit L an, hat fünf Buchstaben und ist ganz großartig?“ „Ich!“, schreit Lukas und saust wieder an uns vorbei.

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